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Jungen einen Fluchtweg gezeigt ha t, den wir, sie und
ich, gemeinsam studiert haben. Ruhig, mein Liebster,
ruhig: es wird nicht rauskommen, aber
genaugenommen bin ich schuld, daß dieser Götting,
nein Götten, ungesehen aus ihrer Wohnung
verschwinden konnte. Du erinnerst dich sicher nicht
mehr, daß ich einen Plan der gesamten Heizungs-,
Lüftungs-, Kanalisations- und Leitungsanlagen von
»Elegant am Strom wohnen« in meinem Schlafzimmer
hängen hatte. Da waren die Heizungsschächte rot, die
Lüftungsschächte blau, die Kabelleitungen grün und
die Kanalisation gelb eingezeichnet. Dieser Plan hat
Katharina derart fasziniert - wo sie doch selbst so eine
ordentliche, planende, fast genial planende Person ist -,
daß sie immer lange davor stand und mich immer
wieder nach Zusammenhängen und Bedeutungen
dieses »abstrakten Gemäldes« - so nannte sie es -
fragte, und ich, ich war drauf und dran, ihr eine Kopie
davon zu besorgen und zu schenken. Ich bin ziemlich
erleichtert, daß ichs nicht getan habe, stell dir vor, man
hätte eine Kopie des Plans bei ihr gefunden - dann
wäre die Verschwörungstheorie, die
88
Idee des Umschlagplatzes perfekt untermauert, die
Verbindung - Rote-Trude-Banditen - Katharina-Her-
renbesuch. So ein Plan wäre natürlich für alle Sorten
von Ein- und Ehebrechern, die nicht gesehen werden
wollen, eine ideale Anleitung, ungesehen ein- und
auszugehen. Ich selbst habe ihr noch erklärt, welche
Höhe die einzelnen Gänge haben: wo man aufrecht
gehen, wo man gebückt gehen kann, wo man kriechen
muß, bei Rohrbrüchen und Kabelpannen. So, nur so
kann dieser liebenswürdige junge Gentleman, von
dessen Zärtlichkeiten sie jetzt nur noch träumen darf,
der Polizei tritschen gegangen sein, und wenn er wirk-
lich ein Bankräuber ist, wird er das System durch-
schaut haben. Vielleicht ist auch der Herrenbesuch so
ein- und ausgegangen. Diese modernen Wohnblocks
erfordern ganz andere Überwachungsmethoden als die
altmodischen Mietshäuser. Du mußt der Polizei und
der Staatsanwaltschaft gelegentlich mal 'nen Tip ge-
ben. Die bewachen die Haupteingänge, vielleicht das
Foyer und den Aufzug, aber da gibt es außerdem einen
Arbeitsaufzug, der direkt in den Keller führt - und da
kriecht einer ein paar hundert Meter, hebt nur ir-
gendwo einen Kanaldeckel und ist perdu. Glaub mir:
jetzt hilft nur noch beten, denn Schlagzeilen in der
ZEITUNG in diesem oder jenem Zusammenhang kann
er nicht brauchen, was er jetzt braucht, ist eine direkte
handfeste Manipulation der Ermittlungen und der Be-
richterstattung darüber, und was er ebenso fürchtet wie
die Schlagzeilen, ist das bittere und säuerliche Gesicht
einer gewissen Maud, die seine ihm rechtmäßig und
kirchlich angetraute Frau ist, von der er außerdem
vier Kinder hat. Hast du denn nie bemerkt, wie jun-
genhaft fröhlich«, fast ausgelassen - und ich muß
89
schon sagen: richtig nett er die paar Mal mit Katharina
getanzt hat, und wie er sich geradezu aufdrängte, sie
nach Hause zu bringen - und wie jungenhaft ent-
täuscht er war, als sie ihren eigenen Wagen
anschaffte? Das, was er brauchte, wonach sein Herz
begehrte, so ein einmalig nettes Ding wie Katharina,
nicht leichtfertig und doch - wie nennt ihr das doch -
liebesfähig, ernst und doch jung und so hübsch, daß
sies selber nicht wußte. Hat sie nicht auch dein
Männerherz ein wenig erfreut?«
Ja, ja, das hatte sie: sein Männerherz erfreut, und er
gab es zu, gab auch zu, daß er sie mehr, viel mehr als
nur gern habe, und sie, Trude, wisse doch, daß jeder,
nicht nur Männer, mal so Anwandlungen hätten,
einfach mal jemand so in den Arm zu nehmen und
vielleicht mehr - aber Katharina, nein, es war da
etwas, das ihn nie, niemals zum Herrenbesuch bei ihr
gemacht hätte, und wenn ihn etwas gehindert habe, ja
es ihm unmöglich gemacht habe, zum Herrenbesuch
zu werden -oder besser gesagt: das zu versuchen-, so
wäre es nicht, und sie wisse, wie er das meine, nicht
der Respekt vor ihr und die Rücksichtnahme auf sie,
Trude, gewesen, sondern Respekt vor Katharina, ja,
Respekt, fast Ehrfurcht, mehr, liebevolle Ehrfurcht
vor ihrer, ja verdammt, Unschuld - und mehr, mehr als [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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Jungen einen Fluchtweg gezeigt ha t, den wir, sie und
ich, gemeinsam studiert haben. Ruhig, mein Liebster,
ruhig: es wird nicht rauskommen, aber
genaugenommen bin ich schuld, daß dieser Götting,
nein Götten, ungesehen aus ihrer Wohnung
verschwinden konnte. Du erinnerst dich sicher nicht
mehr, daß ich einen Plan der gesamten Heizungs-,
Lüftungs-, Kanalisations- und Leitungsanlagen von
»Elegant am Strom wohnen« in meinem Schlafzimmer
hängen hatte. Da waren die Heizungsschächte rot, die
Lüftungsschächte blau, die Kabelleitungen grün und
die Kanalisation gelb eingezeichnet. Dieser Plan hat
Katharina derart fasziniert - wo sie doch selbst so eine
ordentliche, planende, fast genial planende Person ist -,
daß sie immer lange davor stand und mich immer
wieder nach Zusammenhängen und Bedeutungen
dieses »abstrakten Gemäldes« - so nannte sie es -
fragte, und ich, ich war drauf und dran, ihr eine Kopie
davon zu besorgen und zu schenken. Ich bin ziemlich
erleichtert, daß ichs nicht getan habe, stell dir vor, man
hätte eine Kopie des Plans bei ihr gefunden - dann
wäre die Verschwörungstheorie, die
88
Idee des Umschlagplatzes perfekt untermauert, die
Verbindung - Rote-Trude-Banditen - Katharina-Her-
renbesuch. So ein Plan wäre natürlich für alle Sorten
von Ein- und Ehebrechern, die nicht gesehen werden
wollen, eine ideale Anleitung, ungesehen ein- und
auszugehen. Ich selbst habe ihr noch erklärt, welche
Höhe die einzelnen Gänge haben: wo man aufrecht
gehen, wo man gebückt gehen kann, wo man kriechen
muß, bei Rohrbrüchen und Kabelpannen. So, nur so
kann dieser liebenswürdige junge Gentleman, von
dessen Zärtlichkeiten sie jetzt nur noch träumen darf,
der Polizei tritschen gegangen sein, und wenn er wirk-
lich ein Bankräuber ist, wird er das System durch-
schaut haben. Vielleicht ist auch der Herrenbesuch so
ein- und ausgegangen. Diese modernen Wohnblocks
erfordern ganz andere Überwachungsmethoden als die
altmodischen Mietshäuser. Du mußt der Polizei und
der Staatsanwaltschaft gelegentlich mal 'nen Tip ge-
ben. Die bewachen die Haupteingänge, vielleicht das
Foyer und den Aufzug, aber da gibt es außerdem einen
Arbeitsaufzug, der direkt in den Keller führt - und da
kriecht einer ein paar hundert Meter, hebt nur ir-
gendwo einen Kanaldeckel und ist perdu. Glaub mir:
jetzt hilft nur noch beten, denn Schlagzeilen in der
ZEITUNG in diesem oder jenem Zusammenhang kann
er nicht brauchen, was er jetzt braucht, ist eine direkte
handfeste Manipulation der Ermittlungen und der Be-
richterstattung darüber, und was er ebenso fürchtet wie
die Schlagzeilen, ist das bittere und säuerliche Gesicht
einer gewissen Maud, die seine ihm rechtmäßig und
kirchlich angetraute Frau ist, von der er außerdem
vier Kinder hat. Hast du denn nie bemerkt, wie jun-
genhaft fröhlich«, fast ausgelassen - und ich muß
89
schon sagen: richtig nett er die paar Mal mit Katharina
getanzt hat, und wie er sich geradezu aufdrängte, sie
nach Hause zu bringen - und wie jungenhaft ent-
täuscht er war, als sie ihren eigenen Wagen
anschaffte? Das, was er brauchte, wonach sein Herz
begehrte, so ein einmalig nettes Ding wie Katharina,
nicht leichtfertig und doch - wie nennt ihr das doch -
liebesfähig, ernst und doch jung und so hübsch, daß
sies selber nicht wußte. Hat sie nicht auch dein
Männerherz ein wenig erfreut?«
Ja, ja, das hatte sie: sein Männerherz erfreut, und er
gab es zu, gab auch zu, daß er sie mehr, viel mehr als
nur gern habe, und sie, Trude, wisse doch, daß jeder,
nicht nur Männer, mal so Anwandlungen hätten,
einfach mal jemand so in den Arm zu nehmen und
vielleicht mehr - aber Katharina, nein, es war da
etwas, das ihn nie, niemals zum Herrenbesuch bei ihr
gemacht hätte, und wenn ihn etwas gehindert habe, ja
es ihm unmöglich gemacht habe, zum Herrenbesuch
zu werden -oder besser gesagt: das zu versuchen-, so
wäre es nicht, und sie wisse, wie er das meine, nicht
der Respekt vor ihr und die Rücksichtnahme auf sie,
Trude, gewesen, sondern Respekt vor Katharina, ja,
Respekt, fast Ehrfurcht, mehr, liebevolle Ehrfurcht
vor ihrer, ja verdammt, Unschuld - und mehr, mehr als [ Pobierz całość w formacie PDF ]